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50 Jahre Universitätsklinik für Orthopädie im AKH Wien

Dr. Georg Fraberger/Mag. Gisela Mathiak ein hohes Maß an Verleugnung der eigenen Be- Familie, Beruf, Sexualität etc. Die Sichtweise des zu diagnostizieren, bereits frühzeitig zu erkennen dürfnisse auf. Ihr Stressniveau wurde als chronisch Patienten ist wichtig, weil sie dessen Verhalten und auch zu behandeln. Das Risiko einer Depres- überlastet beschrieben. Weiterhin wurde beim Typ und Entscheiden im Verlauf der Behandlung mit sion, einer Angststörung oder einer Suchtproble- C ein überdurchschnittlich häufiger Verlust von Le- bestimmt. Sie steht in einem direkten Zusammen- matik, das sich aus einer Erkrankung entwickeln benszielen und Lebensinhalten festgestellt. hang mit dem Behandlungserfolg. Wie schätzt ein bzw. diese zeitweilig begleiten kann, wird auf In weiteren Studien wandte man Persönlichkeits- Patient sich selbst, seine Erkrankung und deren diese Weise minimiert. Auf Initiative des damali- tests zur Verifizierung dieser Eigenschaftsskala Auswirkungen auf den Alltag ein? Deckt diese gen Klinikvorstandes, Reinhard Kotz, wurden An- an. Ein Zusammenhang von Persönlichkeitsstruk- Sichtweise sich mit der des Arztes? fang der 80er Jahre an der Universitätsklinik für tur und Krebs wurde von diesen Arbeiten nicht Die klinische Psychologie zielt in erster Linie dar- Orthopädie sogenannte Balint-Gruppen (benannt bestätigt. Die bis heute jedoch populär zirkulie- auf ab, das Ausmaß der psychischen Belastungen, nach dem Psychoanalytiker Michael Balint) ein- rende Auffassung, eine Krebserkrankung sei per- die mit organischen Erkrankungen einhergehen, gerichtet. Im Rahmen regelmäßig stattfindender sönlichkeitsbedingt, war und ist für den Patienten problematisch. Selbstzweifel und Schuldgefühle sind eine häufige Folge. Heutige Ansätze themati- Eckdaten der Psychologie sieren mit der Psychoimmunologie die Wechselwir- kung zwischen Lebenssituation, Verhaltensweisen 80er Jahre: Erste Einbeziehung klinisch-psychologi- 2002: Beginn wissenschaftlicher Studien in und organischer Befindlichkeit des Patienten. Sie scher Methoden an der Wiener Universitätsklinik für diesem Bereich. erforschen unter anderem den Einfluss von Stress- Orthopädie. Diese betrifft den Bereich Arzt-Patienten- und Risikofaktoren auf das Immunsystem und die Beziehung (Teamrunden nach Balint) sowie wissen- seit 2008: Ausbildung von Berufspraktikanten an Hormonausschüttung. Daneben steht die Beobach- schaftlich die Bereiche Amputation, Umkehrplastik der Universitätsklinik für Orthopädie im Rahmen tung der Rahmenbedingungen und mentalen Vor- und psychische Belastung bei Krebs. der Ausbildung zum Klinischen und Gesundheits- aussetzungen, die bei der Ausbildung subjektiver psychologen. Krankheitstheorien, dem sogenannten Coping, und seit 2002: Stellenausschreibung zur klinischen und bei der Krankheitsbewältigung eine Rolle spielen. Gesundheitspsychologie an der Universitätsklinik seit 2002: Kongressbeiträge, Vorträge und Semina- Auf ein und dieselbe Diagnose reagieren Patienten für Orthopädie. Dr. Georg Fraberger übernimmt den re für wissenschaftliches Fachpublikum, ärztliches zum Teil sehr unterschiedlich. systematischen Aufbau einer psychologische Betreu- und pflegendes Personal zu den Themen Psycho- Seit den 70er Jahren steht deshalb die subjektive ung und Behandlung orthopädischer Patienten. Dazu onkologie/Umgang mit Behinderung (Tumorkurs). Für Sichtweise des Patienten auf seine Krankheit so- zählen u. a. Diagnostik, Krisenintervention, Angehöri- den Bereich Wissenschaft und Fortbildung zeichnet wie dessen Bewertung des Behandlungs- und Hei- genbetreuung und fallbezogene Gespräche mit dem der Klinische und Gesundheitspsychologe Dr. Georg lungsverlaufs im Vordergrund3. Dazu zählen Erhe- Behandlungsteam. Fraberger verantwortlich. bungen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei zahlreichen Krankheitsbildern im Hinblick auf 125 Jahre Orthopädie im AKH Wien 75


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