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Familie fratz&co 07/2017 21
1. Begleitung notwendig
und erwünscht?
Es gibt Eltern, die sich immer direkt
einmischen oder sich aus allem “raushalten”
und es die Kinder “selbst regeln
lassen”. Beides führt nicht zum erwünschten
Ergebnis: Einer gesunden
Beziehung der Geschwister untereinander.
Aus diesem Grund macht es
zuallererst mal Sinn, sich bewusst
darüber klar zu werden, ob die Kinder
mich gerade brauchen oder ob sie selber
einen Weg finden, mit der Situation
zurechtzukommen. Denn oftmals
geschieht das Einmischen eher aus dem
elterlichen Gefühl, sich nützlich machen
oder erziehen zu wollen. Sollten Sie also
das Gefühl haben, es nicht ertragen zu
können, wenn die Kinder miteinander
streiten, versuchen Sie einfach die
Szenerie zu verlassen (je nach Alter der
Kinder in einen anderen Raum gehen,
die Türe schließen, spazieren gehen) In
vielen Fällen lernen die Kinder besser, je
weniger wir uns einmischen. Wenn Sie
aber feststellen, dass es den Kindern
ohne Unterstützung nicht gelingt, ihren
Konflikt konstruktiv zu lösen oder wenn
sie gewalttätig werden, mischen Sie sich
ein und bieten Sie ihre Hilfe an.
2. Bewusstwerden der eigenen
Rolle
Wenn Sie die Ausgangssituation nicht
mit eignen Augen gesehen haben,
werden Sie auch nicht sagen können,
wer angefangen hat. Und selbst wenn Sie
es gesehen haben: Vorsicht vor der
Position des Schiedsrichters!
Wenn Sie eine Entscheidung treffen,
z.B. wer das Spielzeug um das gestritten
wird, haben darf – so fühlt sich der, der
es nicht bekommt ungerecht behandelt
und sinnt bald auf Rache.
Auch sollten Sie sich darüber bewusst
sein, dass wir Erwachsenen oft gar nicht
den Kern des Problems erkennen und es
somit auch nicht gerecht lösen können.
Oder können Sie verstehen, warum um
das eine rote Auto gestritten wird, wenn
rundherum noch 50 andere Autos,
natürlich auch weitere rote liegen? Wie
sollen Sie also ein Problem lösen
können, was für Sie gar keines ist?
Vielmehr empfehle ich die Rolle eines
„Mediators/ einer Mediatorin“ einzunehmen
und so zwischen den Kindern
zu vermitteln.
3. Stoppen
Ersparen Sie sich halbherzigen Bemerkungen
wie „Wollt ihr jetzt einmal
aufhören. Ich kann das bald nicht mehr
aushalten oder könnt ihr nicht Rücksicht
aufeinander nehmen?“
Wenn Sie stattdessen bemerken, dass
der Konflikt sehr destruktiv und
verbissen ist, warten Sie kurz und sagen
Sie dann: Aufhören! Stopp! Und rufen
Sie es so laut und mit Nachdruck, bis
der Konflikt stoppt und sie die Aufmerksamkeit
ihrer Kinder haben.
4. Bedürfnisse erkennen
Wenn der Konflikt gestoppt ist, können
Sie den Kindern dabei behilflich sein,
die „richtigen“ Worte zu finden, die
hinter „Idiot“ oder „Blödmann“ stecken.
Zunächst macht es Sinn die Bedürfnisse
beider Streithähne zu erkennen. Warum
streiten sie und was will jeder? Dazu
können Sie ihre Kinder fragen: „Was ist
es, was du gerne haben möchtest?“
Hören Sie sich die Antworten an und
verzichten Sie darauf diese zu bewerten.
5. Bedürfnisse kommunizieren
+ Lösung
Überprüfen Sie ob die Kinder die
Antwort des anderen gehört haben und
bitten Sie sie eventuell darum, das
Ergebnis nochmal zu wiederholen.
Dann fragen Sie beide Kinder: „Was
können wir jetzt tun, damit ihr beide
zufrieden seid?“ (lenkt Aufmerksamkeit
von Vergangenheit in die Zukunft).
Die Lösung bleibt optimaler Weise bei
den Kindern, jedoch können Sie als
Erwachsener Angebote/ Vorschläge
machen, wenn von den Kindern
wirklich gar nichts kommt. Meiner
Erfahrung nach, sind Kinder jeden
Alters unglaublich kompetent darin,
Lösungsstrategien zu finden, wenn man
sie lässt.
6. Abschluss
Wenn dieser Vorgang abgeschlossen
wurde, ist die Aufgabe des Erwachsenen
zu Ende. Die Kinder sind nun mehr
selbst und einander bewusst geworden.
Auch wenn diese Art der Konfliktlösung
Ihnen aufwändig und im Alltag nicht
leicht umsetzbar erscheint, lohnt es sie in
den Familienalltag zu integrieren. Denn
so wird die Selbständigkeit und Konfliktfähigkeit
der Kinder unterstützt und
Sie als Eltern können Begleiter für alle
Beteiligten sein, ohne dabei übergriffig
zu werden.