fratz&co 07/2017 Familie
20 ✽Haben Sie gewusst: Kinder
streiten im Durchschnitt alle
12 Minuten! Wenn Ihnen
diese Zahl hoch vorkommen mag, darf
ich sagen: Mit gutem Grund belastet
wohl kaum ein Thema den Familienalltag
mehr als das ewige Streiten zwischen
den Geschwistern. Dies bestätigt auch
eine Studie des österreichischen Instituts
für Familienforschung.
Wenn ein Paar sich entschließt Eltern
zu werden, nicht nur einmal, sondern
zweimal, oder dreimal oder öfter haben
sie meist das Bild einer harmonischen
Familie vor Augen. Wir sehen die
Kleinen miteinander spielen, haben die
Vorstellung, dass sie sich gegenseitig
helfen und unterstützen – kurz gesagt:
zusammenhalten. Und wenn es mal zu
Streit kommt, soll dieser schnell geklärt
werden.
Das ständig die Fetzen fliegen, noch
dazu in einer teils heftigen Lautstärke
und wir immer wieder als „Schiedsrichter“
miteinbezogen werden, treibt Eltern
oft an den Rand ihrer Kräfte.
Gefühle wie Genervtheit oder
Hilflosigkeit kennen die meisten Eltern
und fragen sich: „Soll ich mich einmischen
oder nicht und wenn ja, was soll
ich tun?“
Aber bevor man diese Frage beantworten
kann, macht es Sinn sich darüber
klar zu werden …
Warum streiten Geschwister
eigentlich?
1. Rangordnung
Wenn Geschwister streiten geht es oft
darum, sich ihres Platzes innerhalb der
Familie zu versichern. Jedes Familienmitglied
hat seinen festen Platz im
Familiensystem, der sich aus der
Reihenfolge des Hinzukommens ergibt.
So sind als erstes die Eltern da, anschließend
kommen die Kinder in der
Reihenfolge ihrer Geburt. Daraus ergibt
sich für jedes Kind sein spezieller Platz
mit dazugehörigen (unterschiedlichen)
Rechten und Pflichten.
In der Praxis passiert es oft, dass Eltern
dazu neigen, diese Ordnung nicht
einzuhalten, vor allem wenn die Kinder
keinen großen Altersunterschied und/
oder das gleiche Geschlecht haben. So
wird gerade in diesem Fall sehr auf
Gerechtigkeit geschaut, indem den
Kindern zum Beispiel
genau die gleichen Dinge
gekauft, beiden Kindern
gleiche Rechte zum Beispiel im
Bezug auf Schlafengehen zugestanden
Heike Podek
werden. Dadurch jedoch wird die
natürliche Ordnung gestört und
Streitigkeiten provoziert, weil Kinder die
Rangordnung dann vermehrt unter sich
klären müssen.
Hilfreich kann es in diesem Fall sein,
bewusst Unterschiede zwischen den
Kindern zu machen: Der/dem Erstgeborenen
können mehr Rechte gestattet
werden, indem es länger aufbleiben darf,
andere Dinge spielen oder im Fernsehen
schauen darf.
2. Konfliktpotential
Wo Menschen mit unterschiedlichen
Bedürfnissen aufeinandertreffen sind
Auseinandersetzungen unvermeidbar,
gerade innerhalb der Familie. Jeder will
seine Ziele durchsetzen und trifft dabei
oft auf den Widerstand der anderen.
Über das Austragen von Konflikten und
die emotionale Intensität wird die
Wichtigkeit der eigenen Bedürfnisse
und Grenzen kommuniziert. Da
Geschwister kaum eine Chance haben
sich aus dem Weg zu gehen passiert das
sehr oft. Trotzdem müssen sie irgendwie
miteinander auskommen.
Oft wird von ihnen erwartet, dass sie
sich lieben und teilen – sogar ihre
Eltern. Und so sehr wir uns auch ein
harmonisches Familienleben wünschen,
es ist nicht realistisch und auch nicht
fair, dies von unseren Kindern zu
erwarten. Auch wenn die Streitereien
und Konflikte unangenehm sind, bietet
die Geschwisterbeziehung in all ihren
Höhen und Tiefen für Kinder
eine echte Chance, in die
Beziehungserfahrung mit
einem anderen Menschen
einzutauchen.
3. Fehlende Strategien
Viele Kinder, vor allem bis zum
4. Lebensjahr sind in Streitsituationen
massiv überfordert. Aufgrund
mangelnder Sprachfähigkeit kommt es
bei Konflikten entsprechend oft zu
körperlichen Auseinandersetzungen.
Und obwohl auch die meisten Eltern
sich in solchen Situationen hilflos und
ohnmächtig fühlen, erwarten sie von
ihren Kindern, dass diese die Situation
ruhig im Gespräch lösen – ganz schön
viel verlangt!
Was können
Eltern tun?
Entscheidend für die Entwicklung einer
gesunden Konfliktfähigkeit ist die
elterliche Reaktion auf die Streitigkeiten.
Durch Vorleben können Sie ihren
Kindern Strategien an die Hand geben:
Beziehungsorientierter
Coach für Eltern und Kinder
in schwierigen Phasen
Tel.: 0676/790 58 37
www.beziehungs
orientiert.at